LiFi statt WiFi – Wie eine neue Technologie das WLAN ablösen könnte

Eine Hand hält leuchtende Glühbirne dem Sternenhimmel entgegen.
Quelle: Matheus Bertelli | Pexels

Es war angeblich Goethes letztes Wort. Es ist eines der ersten in der Bibel. Und kaum wird es mit anderen Wörtern zusammengesetzt, werden etwa aus Gestalten Genies. Wovon die Rede ist? Vom Licht.

Heute, an diesem 16. Mai ist der internationale Tag des Lichts. Gefeiert wird er vor allem in Fachkreisen: von Physikern, die weltweit zu Optik und Photonik forschen, und Physikinteressierten, die in entsprechenden Museen an Spezialevents teilnehmen oder Stadtrundgänge an Wissenschaftsstandorten mitmachen.

Das Datum des von der UNESCO ausgerufenen Gedenktages erinnert an den 16. Mai 1960 und damit an die Geburtsstunde des Lasers. Der US-amerikanische Physiker Theodore Maiman hatte damals den ersten funktionierenden Laser entwickelt, noch ratlos, wofür seine Erfindung des extrem gebündelten Lichts gut sein würde. Das hat sich seither rasant gewandelt. Doch beim internationalen Tag des Lichts geht es nicht nur um Laser und somit um Mikroskopik und Nano-Optik, sondern auch um neueste Technologien. Es geht darum, via Licht Informationen zu übertragen, zu speichern und zu verarbeiten. Und so ist der Tag des Lichts eben auch ein Tag der Zukunft der Digitalisierung.

LiFi-Premiere am Tag des Lichts 2019

Prompt hält das Datum 2019 echte Spannung bereit: Es geht um die LiFi-Technik (Light Fidelity). Klingt wie WiFi und hat auch damit zu tun, denn die LiFi-Technologie könnte die die Art und Weise, wie wir ins Internet gehen, so sehr verändern, wie es die Entwicklung der Wireless LAN Technologie seit den 1990er Jahren tat. Internetdaten, so die Idee, werden in Zukunft nicht mehr über WiFi (Wireless Fidelity), sprich durch Router erzeugte lokale Funknetze kabellos übertragen, sondern über Lichtwellen. Wie das praktisch für den ganz normalen User gehen könnte, das soll heute, am Tag des Lichts, um 15.30 Uhr deutscher und 14.30 Uhr Greenwich Mean Time der Öffentlichkeit vorgeführt werden: Spot on, 37 Caledonian Road, London, Großbritannien.

Die Adresse ist nur einen Steinwurf vom magischen Gleis 9 3/4 der King’s Cross Station entfernt. Dort befindet sich das renommierte Institute of Physics. Und dort will man an diesem Donnerstag zeigen, dass die Datenübertragung via Licht nicht Zauberei, sondern dass die neue drahtlose Technologie bereits salon- bzw. konferenzraumfähig ist. Doch was steckt hinter dieser Innovation? Wie funktioniert LiFi und was sind die Vorteile? Gibt es Risiken?

LiFi: Internet mit Licht statt Router

Wer sich mit dem Stichwort LiFi beschäftigt, trifft automatisch auf Harald Haas. Der deutsche Physiker und Ingenieur forscht zum Thema Datenübertragung durch Licht. Es geht darum, Daten via LED-Licht zu übertragen. Auf den Seiten des Institute of Physics heißt es dazu: »Data transmitted by light waves is more reliable, virtually interference free and uniquely more secure than radio technologies such as Wi-Fi or cellular«. Aber warum sind Lichtwellen als Datentransmitter verlässlicher, störungsfreier und sicherer als Funktechnologien wie WiFi oder 5G?

LiFi: Licht an, Licht aus, fertig ist das Binärsystem

Man kennt es von kleinen Kindern, die Lichtschalter glucksend an und ausschalten: Je schneller heller und dunkel wechseln, umso besser finden sie es. Bei der LiFi-Technologie wird ein Lichtsignal auch an- und ausgeschaltet, wobei an »1« bedeutet und aus »0« – et voilà schon hat man das binäre Signal der digitalen Datenübertragung.

Konkret schaltet ein Modulator im Sender die Leuchtdiode (LED) ein, der elektrische Impuls wird also in einen optischen transformiert. Der Empfängersensor ist eine Fotodiode, die es vermag, das Licht aufzunehmen und in elektrische Spannung zurück zu verwandeln.

Selbstverständlich ist der LiFi-Modulator um ein x-faches schneller als der knipsende Knirps: Bei der Datenübertragung via Licht wird die Lichtquelle so schnell an- und ausgeschaltet, dass kein menschliches Auge auch nur ein Flackern wahrnehmen könnte. Der Zustand wechselt in Nano-Sekundenschnelle, das Licht bleibt konstant so hell, wie man es haben will. Der Sensor an Smartphone oder Laptop hingegen kann die Signalwechsel sehr wohl wahrnehmen. Mit einem entsprechenden Microchip erweitert, könnte so theoretisch jede LED-Birne zuhause, im Büro, in einer Straßenlaterne, in einem Fahrzeug zur Quelle der Kommunikation werden. LEDs gibt es seit Abschaffung der Glühbirne schließlich überall.

Internetempfang via LED

Anders als Funkempfang, bietet die Datenübertragung durch Licht, wie vom IOP erwähnt, tatsächlich eine höhere Sicherheit: Denn wer auf diese Weise übertragene Daten auslesen wollen würde, müsste sich theoretisch im Schein derselben Lichtquelle befinden. Außerdem kann diese Übertragungsweise viel schneller sein, als das herkömmliche WLAN: Bis zu 224 Gigabyte pro Sekunde wurden unter Laborbedingungen bereits an der Universität Oxford ermöglicht. Dass die Technik langfristig grüner und smarter wäre, als es Strom fressende Funkmasten und straßenverlegte Glasfaserkabel sind, das kann man sich denken.

Es werde Licht und gebe Netz

Zwei entscheidende Nachteile aber hat die Technologie trotzdem: In Privathaushalten eingesetzt, würde sie bisherige wirtschaftliche Verhältnisse auf den Kopf stellen. Entsprechend zäh bisher die Lobby. Der zweite Nachteil: Es darf buchstäblich nichts dazwischenkommen. Lichtsignal und Sensor brauchen den direkten Kontakt, um miteinander zu kommunizieren. Durch Wände oder Hände geht die Technik also nicht durch, je kürzer die Distanz, umso besser das Ergebnis. Die aktuell größten Durchbruchschancen der innovativen Technologie sehen Experten daher derzeit für die industrielle Fertigung.

LiFi als DIE Technik der Industrie 4.0

So etwa hat man am Fraunhofer Institut für Photonische Mikrosysteme in Dresden bereits ein Infrarot-Übertragungssystem namens LiFi GigaDock entwickelt, das reibungslosen Datenaustausch via Licht auf kürzester Distanz ermöglicht und damit im Begriff ist, die Fertigungstechnologie der Industrie 4.0 zu revolutionieren. Mehr noch: Mobile Roboter, die sich untereinander über Lichtsignale der LiFi-Technologie verständigen, könnten etwa ein Großteil bisheriger Logistik übernehmen; selbstfahrende Autos könnten über das Licht ihrer Scheinwerfer kommunizieren.

Lichtgeschwindigkeit für die Netzverbindung

Harald Haas wird die Technologie im IOP heute Nachmittag mit einer Keynote einweihen. Sie wird übrigens das bisherige WLAN im Gebäude nicht ersetzen, sondern ergänzen, denn gerade Haas ist kein Freund des Kategorischen. Er plädiert dafür, dass sich die Technologien ergänzen. Bis 2020 sollen jedenfalls nicht nur das Institute of Physics, sondern weltweit 50 Milliarden Geräte LiFi-fähig und verbunden sein, wie Haas bei einem früheren TED-Talk im September 2015 mutmaßte.

Sicher muss das Jahr 2020 noch etwas nach oben korrigiert werden. Aber dass die Technologie mittlerweile mehr Menschen begeistert, als Physiker, zeigt sich in der Zahl der Views: Haas‘ TED-Talks zum Thema LiFi wurden insgesamt mehr als fünf Millionen mal angesehen.

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